„Wir müssen viel improvisieren“
Sucht seit über 20 Jahren die Theaterstücke für die Spööldeel Larrelt aus und führt ebenso lange auch die Regie: Gunda Henschke (70).
In der Pandemie ist ehrenamtliches Engagement besonders gefordert worden. In vielen Bereichen engagieren sich Menschen, um anderen zu helfen. Wir stellen einige vor. Heute: Gunda Henschke.
Emden Die Corona-Pandemie hat deutlich gemacht: Es braucht noch mehr ehrenamtliches Engagement als zuvor, sei es im Impfzentrum, bei der Fürsorge für ältere Menschen oder Menschen in häuslicher Quarantäne, die Lebensmittel benötigen. Ob bei der Nachhilfe von Schülern, in der Altenpflege, Flüchtlingshilfe oder in vielen anderen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens – ohne die vielen Freiwilligen, die mit ihrem Wirken etwas für die Gesellschaft tun, wäre für viele die Lebensqualität deutlich geringer. In unserer Serie „Ehrenamt“ stellen wir einige dieser Menschen vor. Heute: Gunda Henschke.
Schon mit 16 Jahren Sketche geschrieben
Schon mit 16 Jahren hat Gunda Henschke gemeinsam mit ihren Freundinnen kleine Sketche geschrieben und diese meist lustigen Szenen auf Geburtstagsfeiern aufgeführt. „Das hat viel Spaß gemacht“, sagt sie in einem Gespräch mit dieser Zeitung. Beruflich zu schauspielern, daran habe sie nicht im Traum gedacht und den Gedanken in die Ecke „brotlose Kunst“ verbannt. Sie wurde Altenpflegerin, liebäugelte aber weiterhin mit dem Theater. Anfang der 1990er-Jahre wurde sie dann Mitglied des Dorfvereins Larrelt, zu dem eine eigene Theatergruppe gehört. Dieser schloss sich die Emderin an, schleppte ihre Freundin gleich mit und erfüllte sich damit einen Jugendtraum. Über mehrere Jahre stand Gunda Henschke in verschiedenen Rollen auf der Bühne. „Ich habe leidenschaftlich gern gespielt“, schwärmt sie. Dann wurde die Laiendarstellerin gebeten, zu einem Regielehrgang mitzufahren. Sie ließ sich nicht zweimal bitten. Es interessierte sie brennend, wie Profis mit Stücken und Texten umgehen. Schließlich kam, was kommen sollte: 2001 übernahm Gunda Henschke die Regie der Theatergruppe und damit eine besondere Herausforderung, die ihr zwar hier und da auch die Nerven rauben, ihr aber überwiegend viel Freunde bereitet, gesteht sie.
Das Theaterjahr beginnt mit der Stückauswahl
Ihr Theaterjahr beginnt im Januar mit der Auswahl des neuen Stücks. Dann wälzt sie tagelang den dicken Theaterkatalog, liest mehrere Stücke, um ein passendes zu finden. Keine leichte Aufgabe, denn der Spööldeel mangelt es schon seit Jahren an jungen männlichen Laiendarstellern. Jeden Einzelnen ihrer Laiendarsteller kennt sie genau. Deshalb ist die Besetzung einzelner Rollen schon beim Lesen des Stücks vor ihrem inneren Auge geklärt. Dann weiß sie manchmal auch schon, wie die Bewegung sein muss. Geprobt wird bis etwa eine Woche vor der Premiere ausschließlich im Erdgeschoss der Larrelter Mühle. „Wir müssen viel improvisieren“, sagt sie. Die Vorstellungen finden immer in den Herbstferien in der Turnhalle der Schule Larrelt statt. Je näher die Premiere rückt, desto mehr mutiert sie zu einem Pulverfass, räumt sie ein. Dann fallen schon mal härtere Worte. „Manchmal muss ich mich auch hinterher entschuldigen“, gesteht sie. „Aber wir wollen den Zuschauer etwas bieten. Als Laiendarsteller wollen wir auch gut sein“, begründet sie. „Da bin ich Perfektionist.“ Ausgesucht werden bevorzugt Komödien. Das wolle der Zuschauer. Dabei gilt es erst recht, auf Mimik, Gestik und Sprache zu achten. Henschke: „Denn zwischen lustig und albern liegt nur ein schmaler Grat.“
Frisch als Spöölbaas von den Spielern wiedergewählt, legt sich die 70-Jährige für das neue Stück besonders ins Zeug. Denn das 40-jährige Bestehen der Spööldeel Larrelt, das coronabedingt nicht begangen werden konnte, soll nach der letzten Vorstellung des neuen Stücks im Oktober gefeiert werden. Aus diesem Grund fiel ihre Auswahl auf ein Stück, in dem diesmal alle Spieler der Truppe mitwirken. Anders als sonst, wird es auch sechs statt fünf Vorstellungen geben. Liebhaber plattdeutscher Bühnen können sich im Oktober auf „Kabeljau un witte Rosen“ freuen.