Die Larrelter kriegen einen aufs Dach
Die Larrelter kriegen einen aufs Dach
Die Arbeiten am maroden Schindeldach haben begonnen / Und sie kommen wohl auch keinen Tag zu früh
Von Jens Voitel s 0 49 21 / 89 00-412
Emden. „An einigen Stellen des Daches ist uns das Holz wie Erde in der Hand zerbröselt.” Dieser Satz von Mühlenbauer Gert Möller, ganz ruhig ausgesprochen in knapp 20 Meter luftiger Höhe, macht noch einmal sehr anschaulich, dass die in diesen Tagen gestartete Sanierung der Larrelter Mühle ganz offensichtlich keinen Tag zu früh kommt. Mehr als fraglich ist nämlich, ob die Mühlenkappe angesichts des maroden Schindelbelags einen stürmischen und vor allem nassen Herbst und Winter unbeschadet überstanden hätte. Wahrscheinlich ist das nicht. „Der Zustand der Schindeln ist wirklich sehr schlecht”, sagt der Fachmann im Gespräch mit der Emder Zeitung. Obwohl man das von unten so gar nicht sehen könne.
Doch noch 50 000 Euro im Stadtsäckel gefunden
Umso mehr freut sich der Larrelter Dorfverein, der sich seit Jahrzehnten leidenschaftlich um den Erhalt der „Kost Winning” kümmert und auch selbst schon viel Geld in das Bauwerk aus dem Jahre 1732 gesteckt hat, über die vergleichsweise schnelle Hilfe der Stadt. Innerhalb eines Jahres war es gelungen, den Dachschaden der städtischen Mühle über das kommunale Baumanagement durch die zuständigen Gremien zu lotsen und die jetzt geschätzten Kosten von rund 50 000 Euro in einem grundsätzlich leeren Stadtsäckel doch noch zu finden.
„Wir freuen uns wirklich sehr darüber”, sagt der Vorsitzende des Dorfvereins, Bernd – Thomas Martens, der sich vor allem vor der Feuchtigkeit fürchtete, die ins Innere der Mühle einzudringen drohte. Erste Schimmelbildung war schon aufgetreten – und vom Verein zwischenzeitlich notdürftig bekämpft worden.
Vor allem aber ist Martens froh, dass man der Mühle aus Kostengründen nicht erst einmal einfach eine Plane über das Mühlen-Dach gelegt hat und aus dem Bauwerk dann auf unbestimmte Zeit ein Provisorium geworden ist. So ganz unrealistisch war das Szenario zwischenzeitlich wohl nicht.
Aber das ist nun vergessen: Die Arbeiten an der Kappe haben begonnen. Mühlenbauer Gert Möller aus Buer bei Melle und sein Sohn Max Krye sind seit Beginn der Woche dabei, die alten Schindeln von der Kappe zu reißen, wobei zunächst auf einer Fläche von rund 80 Quadratmetern Tausende Nägel gezogen werden müssen. Und die ersten paar Hundert Schindeln haben auch schon den Weg in die Abfalltonne gefunden. Und dort sieht man erst recht, wie angegriffen die alten Holzteile sind.
Der Kern des Feuchtigkeitsproblems war auch schnell aufgedeckt: Die Dachdecker, die die Mühlenkappe vor etwa 30 Jahren abgedeckt haben, hatten zwischen der Dachpappe und den Schindeln keinen Platz gelassen, sie nagelten die Holzschindeln direkt auf die Pappe. „So kann überhaupt keine Luft eindringen, das Material vergammelt”, sagt Mühlenbauer Möller. Kein Pfusch, aber Technik von damals.
Diesen Fehler will man natürlich nicht wiederholen. Auf die alte Dachpappe, die gar nicht mal so schlecht ist, wird zunächst neue Pappe aufgelegt. Dann wird mit Leisten eine Art Holzgerippe aufgenagelt, erst dann kommen die Eichenschindeln dran. Entsprechend kann später der Wind für ausreichend Belüftung sorgen und Feuchtigkeit abtrocknen. „Eigentlich ist das heute Stand der Technik”, sagt Möller.
Ein weiterer Aspekt: Die aus Süddeutschland importierten Eichenschindeln sind diesmal gespalten, nicht gesägt. Der Vorteil des Spaltens: Die Kapillare des Holzes bleiben unverletzt, Feuchtigkeit kann so besser entweichen, das Holz hält ewig. Die Schindeln werden auch nicht weiter behandelt, das Holz spricht für sich.
Im 30er-Päckchen aus Süddeutschland
Die Tischlermeister und Mühlenexperten Möller und Krye werden voraussichtlich noch zwei Wochen auf der Larrelter Mühle „herumturnen”, gut gesichert von Sicherheitsgurten und einem Gerüst. Eine Herausforderung dabei ist die Form der Kappe. Die ist nämlich gar nicht so gleichmäßig rund, wie es ein flüchtiger Betrachter von unten glauben könnte. Da ist echte Handarbeit gefordert.
Möller und Krye werden die Schindeln dreifach verlegen. Die überraschend ungleichen Holzteile, schön verschnürt im 30er-Päckchen angeliefert, werden fachmännisch versetzt übereinandergelegt und dann festgenagelt. Das dauert und ist bei stürmischen Winden nicht immer ganz einfach. „Hauptsache es regnet nicht ständig”, sagen die beiden Meister. Möller hat fast schon an jeder ostfriesischen Mühle Hand angelegt. Er kennt sich aus. Auch ander Sanierung der Emder Vrouw-Johanna-Mühle war er beteiligt, in Larrelt sowieso.
Wenn die Mühlenbauer ihre Arbeit getan haben, sollten die Larrelter Mühlen-Freunde erst einmal etwas Ruhe haben – zumindest was größere Reparaturen betrifft. Arbeit gibt es dennoch genug für den harten Kern von acht Männern des Dorfvereins. Treffpunkt: Jeden Dienstagabend.
Emder Zeitung vom Samstag, 27. Oktober 2018, Seite 6
Emder Zeitung vom Samstag, 27. Oktober 2018, Seite 6